»Mein Kopf ist immer an« – Interview mit Babet Mader

Babet Mader über ihr neues Buch »Dialoge«, warum sie lieber schreibt als spricht und dass Deutschland sich manchmal wie ein Haufen beiger Socken anfühlt.

 

»Mein Kopf ist immer an« – Interview mit Babet Mader

 

Warum schreibst du?

Mein Kopf ist sehr voll. Ich muss das alles irgendwo lagern.
Und ich kann besser schreiben als sprechen. Ich spreche eigentlich immer zu schnell, komme gedanklich selbst nicht hinterher und nutze viele Fäkalwörter. Ich brauche das Papier, um meine Gedanken zu ordnen. Es ist, als könnte ich sie über das Papier erst visualisieren und selbst verstehen. Ich bin nicht gut in Diskussionen und verbalen Erklärungen, aber ich kann mich gut schriftlich verteidigen und erklären.

Welche Wörter würdest du gern aus deinem Wortschatz streichen?

»Immer«, »auch«, »so«.
Superlative, Füllwörter und Verallgemeinerungen.
Ich sage oft »Alter«, bin mir dessen bewusst und selbst von mir genervt, wenn ich es sage.
Zum Glück sind meine Schreibsprache und meine Sprechsprache unterschiedlich.

Für »Dialoge«, dein neues Buch, das im September erscheint, hast du genau auf die Gesprächen deiner Mitmenschen gehört. Hältst du im Alltag immer Augen und Ohren offen, um neue Ideen zu finden?

In dem neuen Buch gibt es sieben Gespräche, die auf Begebenheiten zurückgehen, die ich wirklich erlebt habe oder die so ähnlich stattgefunden haben. Der Rest ist erfunden.

Gibt es Adressaten, während du schreibst? Denkst du beispielsweise beim Schreiben an eine Person, die das lesen könnte?

Nein. Das würde mich einschränken. Aber Personen können Themen und Gedankenwelten auslösen und Vorlage für Figuren sein, klar.

Gab es einen Schlüsselmoment, in dem du gemerkt hast, dass schreiben mehr für dich ist als Liebesbriefe, Tagebücher und Ansichtskarten zu schreiben?

Nein. Eigentlich nicht. Ich hab schon immer geschrieben und als ich ein paar Berufe und Ausbildungen begonnen hatte und gemerkt habe, dass mich das alles langweilt und verbittert, habe ich alles abgebrochen und mich an verschiedenen Schulen, wie der dffb (Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin) und eben auch am DLL (Deutschen Literaturinstitut Leipzig) beworben.

Liest du deine Bücher oder schreibst du sie nur?

Sobald sie veröffentlicht wurden, lese ich sie nicht noch mal. Wenn ich Lesungen vorbereite, bin ich oft selbst überrascht, was da steht. Bei Lesungen ändere ich auch direkt Textpassagen um, die mir nicht mehr gefallen.

Was würdest du machen, wenn du nicht schreiben würdest?

Was anderes! Ich kann ganz schlecht nichts tun. Mein Kopf ist immer an. Kann nerven, kann aber auch antreiben.

Dein nächstes Projekt ist eine Hommage an Maxie Wanders »Guten Morgen, du Schöne«. Was hat dich an diesen Interviews besonders fasziniert?

Die unterschiedliche Herangehensweise an ein totalitäres System und der starke Drang nach Selbstverwirklichung, egal unter welchen Umständen.

Welches Buch liest du aktuell?

Letters of Note – Briefe, die die Welt bedeuten (Shaun Usher)
Stoner (John Williams)
Sterben (Karl Ove Knausgard)
Die Zeremonie des Abschieds (Simone de Beauvoir)

Schaust du gerne über den Tellerrand?

Viel und oft. Ich gebe mein Geld lieber für Reisen aus, als für ein schickes Sofa. Luxus und Besitz interessieren mich nicht.
Das Größte, was ich mir an Besitz bis jetzt geleistet habe, ist mein Auto. Damit fahre ich gern raus und weg und an Orte, die ich beim Losfahren selbst noch nicht mal kenne. Ich liebe es, in Bewegung zu sein.

Wie fühlt sich Deutschland an?

An manchen Tagen fühlt sich Deutschland an, als würde man auf einem pappigem Eclair rumkauen: zu süß, klebrig und dumpf. An anderen Tagen ist Deutschland wie die erste Umarmung eines guten Freundes, den man lange nicht gesehen hat und vermisste. Und an wieder anderen Tagen hat man das Gefühl, Deutschland ist ein Haufen beiger Socken, grüner Zäune und silberner Autos.

Was möchtest du nicht mehr beantworten müssen?

»Bist du das in deinen Geschichten? Voll krass!«

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